Die meisten Pflegepersonen kennen es aus der Praxis: Sterbewünsche, herangetragen in scheinbar ausweglosen Situationen oder in schwer ertragbaren und belastenden Krisen. Fast immer begleitet von dem Gefühl, darüber nicht entscheiden zu können oder zu dürfen und mit Angst um die*den Betroffene*n.
Das Leben aktiv zu beenden, ist die schwerwiegendste Entscheidung im menschlichen Dasein. Wohl niemand beschäftigt sich mit der Frage leichten Herzens. Gerade Pflegende im umfassenden und intensiven persönlichen Kontakt mit dem pflegebedürftigen Menschen haben hier aber auch die Chance, hinter die Gedanken und Gefühle, hinter die Ängste und Verlassenheit zu blicken. Daraus ergibt sich auch die Möglichkeit, begleitend, fürsorgend und helfend Wege und Auswege aus der Angst oder den Schmerzen, aus dem Gefühl der Überlast oder der Sorge vor dem „Anderen-zur-Last-Fallen“ zu finden. Und meist gewinnt dann – unter veränderten Bedingungen – das Leben wieder mehr Qualität und Sinn.
Vielleicht gibt es aber auch das „Aber“; das „Sich-dem-Gedanken-Stellen“, dass ein „Weiter so“ nicht mehr möglich, ja vielleicht unmenschlich oder würdelos ist. Und auch dies kann und muss ethisch begründet und sorgsam mit einem Team abgewägt pflegend begleitet werden können und dürfen, ohne Wertung und ohne Schuldgefühle.
Das Leiden eines Menschen mit Sterbewunsch zu lindern, ist somit eine Herausforderung für alle Beteiligten.
Im zeitlichen Zusammenhang mit den gesetzlichen Regelungen zum Verbot der professionellen Sterbehilfe vom November 2015 hatte sich der EFAKS daher bereits umfassend mit dem PFLEGEN-Heft 4/2015 „Leben bis zuletzt – Umgang mit Sterbewünschen“ mit dem Thema beschäftigt.
Inzwischen hat sich nun die Gesetzeslage geändert. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 26.02.2020 das Verbot der professionellen Sterbehilfe aufgehoben, den assistierten Suizid erlaubt, und damit den Gesetzgeber zu dementsprechenden Regelungen verpflichtet.
In diesem Zusammenhang hat die Diakonie Deutschland mittels einer Projektgruppe, in der Ulrike Döring für den EFAKS mitgearbeitet hat, und eines parallel laufenden umfassenden Diskussionsprozesses eine Orientierungshilfe für Begleitende, Beratende, Versorgende und Leitende in Diensten und Einrichtungen der Diakonie erarbeitet (s. S. 4 ff).
Wie nun unsere Autor:innen sich dem schwierigen Thema nähern, können Sie in unseren hervorragenden Artikeln lesen:
- Ulrike Döring und Nicole Richter führen einen Diskurs zum assistierten Suizid im Setting der Altenhilfe und legen dabei besondere Betonung auf die Suizidprävention.
- Dr. Daniel Burchardt erläutert die gesetzliche Regelung der Beihilfe zum Suizid.
- Die besondere Bedeutung der Pflegenden als Wegbegleiter in dunklen Tagen beschreibt Thomas Hax-Schoppenhorst.
- Was Sterbefasten ist und was es hierbei alles besonders zu beachten gilt, legt Christiane zu Nieden dar.
- Wie umgehen mit den Sterbewünschen zwischen Selbstbestimmung, Einsamkeit und Sorgenetzen, hierüber macht sich Cornelia Coenen-Marx Gedanken.
- Zum Thema „Aktive Sterbehilfe“ nimmt Prof. Dr. med. Martin Weber aus ärztlicher Sicht Stellung.
- Ganz praktisch betrachtet Isabelle Foth, welche Möglichkeiten und Grenzen der Selbstbestimmung am Lebensende durch den Advance Care Planning herausgearbeitet werden können.
- Daniel Keck blickt aus ethischer Sicht auf die Herausforderungen in der pflegerischen Versorgung suizidaler Personen.
Zusätzlich runden wieder viele weitere Informationen das Thema ab. Und so bleibt mir abschließend nur der Wunsch, dass Ihnen die Artikel bei der Beschäftigung mit dem herausfordernden Thema hilfreich sind.
Herzlichst, Ihre Katharina Jost